„Die Grüne Provinz genießen“: Unterwegs in der Prignitz
PERLEBERG (02.06.2023) Zwischen den Metropolen Hamburg und Berlin gelegen, ist die dörfliche Idylle und die Ruhe der Prignitz perfekt, um die Freude an der Einfachheit des Landlebens zu spüren. Die Natur gibt hier den Ton an: die faszinierende Auenlandschaft am großen Strom Elbe und ihrer kleineren Nebenflüsse.
Die Prignitz und ihre Städte
Eingebettet in diese einzigartige Landschaft liegen zahllose idyllische Dörfer mit eindrucksvollen Sakralbauten und erheben sich mittelalterliche Städte mit einer reichen Geschichte und historischen Stadtkernen. So ist eine Reise in die Prignitz auch immer eine Reise in die Vergangenheit, denn die Region besitzt zahlreiche archäologische Ausgrabungsstätten, aus dem Mittelalter erhaltene Zeugnisse und von der Industriekultur geprägte Architektur. Am besten erkunden lässt sich die Region mit dem Rad: Ob oben auf dem Deich mit Panoramablick auf die Elbe, entlang historischer Stadtkerne oder idyllischer Seen – in der Prignitz macht es Spaß sich den Wind um die Nase wehen zu lassen. Tauchen Sie ein in die Geschichte(n) der Region.
„Dieser Stein erinnert an den 14.02.1842. Hier geschah um 10.57 Uhr NICHTS!“ Humor haben sie ja, in Kyritz. Kein Wunder, dass einem schon zur Begrüßung Mord und Totschlag angeboten wird. Aber keine Sorge, diese Reise werden Sie überleben und die Stadt hat weit mehr als nichts zu bieten. Der Marktplatz und seine Seitenstraßen sind geprägt durch traditionelle Fachwerkhäuser und repräsentative Wohn- und Geschäftshäuser. Das älteste Bauwerk der Stadt ist das Franziskanerkloster. Der Architekturmix macht den Reiz von Kyritz an der Knatter aus. Ob es nun der berühmte Volksmund oder ein guter Marketingstratege war – auf jeden Fall ist Kyritz mit der Knatter viel berühmter als ohne. Während früher die Mühlen des Städtchens im Osten der Reiseregion Prignitz „knatterten“, geht es heute erholsam zu.
Die Stadt schmiegt sich an das Landschaftsschutzgebiet „Kyritzer Seenkette“. Wie an einer Perlenschnur aufgezogen erstrecken sich die Seen des Ober- und Untersees. Der Klempowsee ist der südlichste Ausläufer der 22 Kilometer langen Seenkette.
Nicht weit von der Altstadt Wusterhausens entfernt, locken zur warmen Jahreszeit das Strandbad und reetgedeckte Bootshäuser Ausflügler in die Stadt der zwei Gesichter. Zum einen ist da die grüne Stadt am Wasser, zum anderen die märkische Ackerbürgerstadt. Das markanteste Gebäude auf dem Marktplatz ist nicht das klassizistische Rathaus, sondern das Herbt’sche Haus im barocken Stil.
Der historische Stadtkern mit der imposanten Stadtkirche St. Peter und Paul ist nur eine Viertelstunde Fußweg vom See entfernt. Liebevoll restaurierte Fachwerkhäuser laden zum Stadtbummel ein, den es auch per Audioguide auf dem Smartphone gibt. Um Wegegeschichte(n) vom Bohlenweg bis zur Transitstraße geht es im Wegemuseum am Markt.
Das Wegemuseum in Wusterhausen könnte kaum besser gewählt sein als an diesem Ort, denn bei Bauarbeiten am nahen Kirchplatz wurden Reste der historischen „Alten Poststraße“ von 1245 gefunden. Das Wegemuseum zeigt auf anschauliche Weise die Formen der Fortbewegung von der Erfindung des Rades, über den Bau der Transitstraße zwischen Berlin und Hamburg bis hin zum Transit-Radfahren und Pilgern, denn auch der berühmte Pilgerweg zwischen der Wunderblutkirche St. Nikolai in Bad Wilsnack und Berlin führt – wie sollte es anders sein – über Wusterhausen.
Eine besondere Art der Fortbewegung ist im DDR-Zweirad-Museum in Wusterhausen/Dosse zu bewundern, das am 13. September 2020 erstmals seine Türen öffnete.
Hier gibt es eine Sammlung von mehr als 50 Zweirad-Modellen unterschiedlichster Marken, wie z.B. Simson, MZ, Jawa, Diamant oder MIFA. Viele dieser besonderen Zweirad-Modelle gibt es auch bereits auf der Webseite des Museums zu sehen, doch die ersetzen bei weitem nicht den Besuch vor Ort und das direkte „Erleben“ der Ausstellungsstücke.
Übrigens: Nicht weniger interessant sind auch die Fahrradhilfsmotoren der Hersteller Steppke und MAW in diesem Privatmuseum, dessen Eintritt frei ist. Das Museumsteam bedankt sich aber für jede Spende! Das private Museum erstreckt sich über drei Räume und freut sich auf Ihren Besuch!
Fortbewegung anderer Art gibt es des weiteren in Neustadt (Dosse). Hier ist man meist hoch zu Ross unterwegs und das hat einen guten Grund: Neustadt (Dosse) ist so etwas wie die Hauptstadt der Pferdezucht in Brandenburg. Hier hat das Brandenburgische Haupt- und Landgestüt seinen Sitz. Nicht nur Freunde des Pferdesports, sondern auch Architekturliebhaber finden Gefallen an dem Gebäudeensemble. Es gilt als Kleinod preußischer Baukunst, nicht umsonst wird das Gestüt als „Sanssouci der Pferde“ bezeichnet.
Das Brandenburgische Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse), gegründet im Jahre 1788, zählt zu den ältesten staatlichen Gestüten in der Bundesrepublik Deutschland. Es wird seit dem Jahre 2001 als eine Stiftung des öffentlichen Rechts geführt. Zu den Aufgaben der Stiftung zählen die Durchführung der nach Landesrecht übertragenen Aufgaben, insbesondere für den Bereich Pferdezucht, die Wahrung des kulturhistorischen Erbes, die Förderung von Maßnahmen im Interesse der Allgemeinheit, der Tourismus als Baustein der regionalen Entwicklung sowie die Wiederherstellung, Pflege und der Erhalt der denkmalgeschützten Gestütsanlagen.
Wenn man schon in Neustadt (Dosse) zu Besuch ist, sollte auch das historische Gaswerk der Stadt angesehen werden. Es ist das letzte original erhaltene Gaswerk in Nordeuropa. Das Gaswerk in Neustadt (Dosse) ist einer der letzten erhaltenen Zeugen der über 150jährigen Geschichte der Gaserzeugung in Europa. Seine Einzigartigkeit in Europa stellen die liegenden Retorten dar, in denen aus Steinkohle Stadtgas erzeugt wurde. Begehrte Nebenprodukte waren Koks und Teer. 1902 geplant und 1903 eröffnet lieferte es bis 1980 für Neustadt (Dosse) Licht und Wärme. Heute bewahrt es als Technisches Denkmal das „Know how“ der einstigen Gastechnik.
Deutschlands wichtigste Mumie? Das ist der RITTER VON KALEBUZ! Als Gutsherr soll der Ritter Kalebuz sehr oft das „Recht der ersten Nacht“ ausgeübt haben. Im Jahre 1690 wurde er von der Dienstmagd Maria Leppin des Mordes an ihrem Verlobten, dem Schäfer Pickert aus Bückwitz, bezichtigt. KALEBUZ so die Anklage, habe aus Rache gehandelt, weil die Magd sich ihm versagt hatte. Es kam zum Gerichtsprozess, wo der Ritter Kalebuz den Reinigungs-Eid schwor und aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde, da es keine Zeugen der Bluttat gab. Vor Gericht soll er gesagt haben: „Wenn ich doch der Mörder bin gewesen, dann wolle Gott, soll mein Leichnam nicht verwesen.“ Im Jahre 1794 wollte man die Gruft neben der Kirche abreißen und die darin vorhandenen drei Särge erdbestatten. Zwei Leichen waren vollständig verwest, die vom Ritter Kalebuz jedoch gar nicht. Auch renommierte Mediziner wie Strauch, Sauerbruch und Virchow konnten die Mumifizierung nicht erklären. So bleibt also nur das Staunen über ein biologisches Rätsel und „die Moral von der Geschicht: Lüge niemals vor Gericht!“ Die Mumie kann immer freitags bis sonntags von 11 bis 16 Uhr in 16845 Neustadt (Dosse) im Kampehl 29 c besucht werden.
Mehr Infos zu dieser faszinierenden Region auch im Internet unter: www.dieprignitz.de
Über die Region werden wir im nächsten Württemberg Reporter Magazin ausführlichst in Text und Bild berichten!